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Meinung
Ein Preis für “die Besten”? – oder: Der Matthäus Effekt

Ein Preis für “die Besten”? – oder: Der Matthäus Effekt

Herzlichen Glückwunsch an alle Nominierten des Board Game Designer of the Year-Awards 2025: Grégory Grard, Matthew Dunstan, Tomáš Holek, Ryan Laukat, Paolo Mori. Der Preis kürt jährlich fünf der „most active and prolific board game designers“, also „am aktivsten und produktivsten” und ehrt damit Menschen, die besonders viele Spiele veröffentlichen. Doch wie so oft in der Brettspielbranche fällt eines sofort auf: FLINTA*s sind absolut unterrepräsentiert.

Wo sind die Frauen?

Ähnlich sieht es bei dem Game Designer of the Year Award aus, der rückwirkend seit 1955 von Opinionated Gamers vergeben wurde. Unter den 230 Nominierungen gab es nur viermal Frauen: zweimal Inka Brand und zweimal Elizabeth Hargrave (die ihn auch einmal mit zwei anderen Personen zusammen gewann).

Das entspricht einer Frauenquote von 1,7%.

Die Frauenquote liegt unter 2%

Woran mag das liegen?

Eine Erklärung dafür liefert der Matthäus Effekt: ein soziologisches Konzept, das beschreibt, wie sich Privilegien im Laufe der Zeit verstärken. Wer bereits Ressourcen, Bekanntheit oder Zugang hat, bekommt eher weitere Chancen – während alle anderen strukturell benachteiligt werden.

Der Ursprung kommt aus dem Matthäus-Evangelium 25,29 und lautet:

"Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden." (Matthäus-Evangeliums 25,29)

Genutzt wird der Begriff z.B. in der Wissenschaft: 

“Bezogen auf den Bereich der Wissenschaft ist z. B. gemeint, dass Beiträgen anerkannter und bekannter Wissenschaftler[*innen] immer eine relativ große Aufmerksamkeit zuteil wird, während unbekannte Wissenschaftler[*innen] es unverhältnismäßig schwer haben, ebenfalls Aufmerksamkeit zu erlangen.” (Bundeszentrale für politische Bildung)

Das gilt natürlich genauso für die Spielebranche: Bekannte Namen bekommen mehr Sichtbarkeit, werden häufiger eingeladen, gefragt, rezensiert, ausgezeichnet – unabhängig davon, ob ihre aktuellen Spiele wirklich besser sind.

Ein Satz, der auf Branchentreffen mehr als einmal gefallen ist: „Wir fanden das Spiel gar nicht so gut, aber der Autor [bewusst nicht gegendert] ist halt ein großer Name.“ (Aber natürlich gibt es tolle Redaktionen, die ein Spiel – soweit es geht – unabhängig vom Standing der Autor*innen beurteilen).

Und wie wird man ein „großer Name“?

Awards helfen natürlich dabei, genau solche “großen Namen” zu etablieren. Und genau darin liegt auch die Verantwortung solcher Preise.

Auch spannend: Manchmal reicht für den Preis „Game Designer of the Year“ sogar eine einzige Veröffentlichung, wie manche (männlichen) Nominierungen aus den Vorjahren zeigen. Aber anscheinend nur, wenn der Name „passt“. Dass so wenige FLINTA*s dieses Mindestkriterium erfüllen, wie die Nominiertenlisten vermuten lassen, ist schwer zu glauben.

 

Doch es gibt sie, die FLINTA*stischen Autor*innen

Hier sind unsere FLINTA*-Vorschläge für den Game Designer of the Year-Award:

  • Shei S. (Die rote Kathedrale, Die weiße Burg, Flatiron, Die weiße Burg: Duell, Flowar uvm.)
  • Connie Vogelmann (Astrobienen, Schwingenschlag)
  • Nikki Valens (Villen des Wahnsinns, Legacy of Dragonholt, Arkham Horror, Gloomhaven: Bugs & Buttons uvm.)
  • Rita Modl (Men at Work, King of 12, Kuhfstein, Lumicora uvm.)
  • Flaminia Brasini (Golem, Coimbra, Lorenzo der Prächtige uvm.)
  • Und ganz viele andere tolle Autor*innen 

Bonusinfo am Rande: Schaut euch gerne auch die drei Veröffentlichungen unseres Vorstandsmitglieds Julia Thiemann an: Kunterpunkt (Kennerspiel), Algae Inc (Expertenspiel) und Fossilium (Kennerspiel).

Was kann man also tun?

  • “Große Namen“ können Powersharing betreiben, das heißt ihr Standing nutzen, um andere mit ins Rampenlicht zu holen und so die Brettspielszene diverser zu machen – etwa durch Co-Autor*innenschaften, Mentoring oder Plattform-Sharing.
  • Verlag und Award-Jurys können bewusst Spiele von FLINTA*s scouten.
  • Achte auf Spiel-Credits: Wer steckt hinter den Spielen? – und unterstütze bewusst diverse Autor*innen.
  • Supporte sie bei Wettbewerben: Wähle z.B. FLINTA*-Spiele bei Votings wie dem Deutschen Spielepreis.
  • Engagiere dich: Mach mit bei FLINTA*stisch, unterstütze unsere Arbeit und werde Teil der Bewegung.

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